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Martin Leitner
- Dokumentenmanagement
In der heutigen datengetriebenen Welt stehen Unternehmen vor der Herausforderung, immer größere Mengen an Informationen effizient zu verwalten. Klassische Archivsysteme reichen längst nicht mehr aus – gefragt sind intelligente Lösungen, die Daten nicht nur speichern, sondern auch aktiv verarbeiten.
Genau hier kommt Künstliche Intelligenz (KI) ins Spiel – insbesondere im Bereich des digitalen Dokumentenmanagements. In diesem Artikel zeigen wir, wie KI das elektronische Dokumentenmanagement revolutioniert und welche konkreten Vorteile sie für Unternehmen jeder Größe mit sich bringt.
Inhaltsangabe
Was ist digitales Dokumentenmanagement?
Digitales Dokumentenmanagement beschreibt die strukturierte Erfassung, Speicherung, Verwaltung und Archivierung digitaler Dokumente. Es ist der zentrale Bestandteil der digitalen Transformation und bildet das Rückgrat eines papierlosen Büros. Im Vergleich dazu umfasst der Begriff elektronisches Dokumentenmanagement meist auch den rechtlichen Rahmen und die technische Infrastruktur zur gesetzeskonformen Archivierung, z. B. im Sinne der GoBD.
Ein elektronisches Dokumentenmanagementsystem (DMS) unterstützt Unternehmen dabei, digitale Informationen systematisch zu organisieren, Versionen nachzuverfolgen und Zugriffskontrollen zu etablieren. Mit dem Einsatz von KI wird dieses System jedoch nicht nur effizienter, sondern auch intelligenter.
Warum überhaupt Künstliche Intelligenz im DMS?
Die Einführung von Künstlicher Intelligenz im digitalen Dokumentenmanagement eröffnet völlig neue Möglichkeiten: KI ist in der Lage, unstrukturierte Daten zu analysieren, Muster zu erkennen und Prozesse eigenständig zu optimieren. Damit wird die Digitalisierung des Dokumentenmanagements nicht nur technisch, sondern auch strategisch vorangetrieben.
Ein besonders wichtiger Ansatz in diesem Kontext ist Intelligent Document Processing (IDP) – die intelligente Verarbeitung von Dokumenten. IDP kombiniert Technologien wie:
- OCR (Optical Character Recognition)
- NLP (Natural Language Processing)
- Machine Learning
- Robotic Process Automation (RPA)
Ziel von IDP ist es, alle Schritte der Dokumentenverarbeitung – von der Erfassung bis zur Klassifikation und Integration in Fachsysteme – vollautomatisch und intelligent zu gestalten.
KI-gestützte Prozesse im Überblick
Die Integration von Künstlicher Intelligenz in das digitale Dokumentenmanagement eröffnet eine Vielzahl automatisierter und intelligenter Funktionen, die weit über klassische Texterkennung hinausgehen. Besonders in Kombination mit Intelligent Document Processing (IDP) entfaltet KI ihr volles Potenzial: Sie liest, versteht, kategorisiert, verarbeitet und interpretiert Dokumente – vollständig automatisiert.
1.Dokumentenerkennung und Textextraktion
OCR-Technologien erkennen Texte in gescannten Dokumenten oder Bilddateien, während Natural Language Processing (NLP) diese Inhalte semantisch analysiert. KI kann so automatisch wichtige Informationen aus Rechnungen, Verträgen oder Formularen extrahieren – darunter Beträge, Namen, Fristen oder Vertragslaufzeiten. Diese Inhalte werden strukturiert in die DMS-Metadaten überführt.
2.Intelligente Klassifikation
Maschinelles Lernen hilft, Dokumente automatisch den richtigen Kategorien zuzuordnen – z. B. „Vertrag“, „Rechnung“, „Bewerbung“ oder „Storno“. Dabei lernt das System kontinuierlich aus bisherigen Klassifikationen und verbessert seine Erkennungsrate mit jeder Interaktion.
3. Automatische Verschlagwortung
Die KI vergibt relevante Schlagworte (Tags) und Metadaten – vollständig automatisiert. So lassen sich Dokumente schneller durchsuchen, zuordnen und wiederfinden. Die manuelle Zuweisung von Stichworten entfällt fast vollständig.
4. Automatisierte Workflows
Durch die Kombination von KI mit Robotic Process Automation (RPA) werden Folgeaktionen aus dem Dokumenteninhalt abgeleitet: z. B. das automatische Weiterleiten an eine bestimmte Abteilung, die Archivierung nach geltenden Fristen oder das Erstellen von Wiedervorlagen. Der gesamte Dokumentenfluss wird intelligent gesteuert und beschleunigt.
5. Self-Learning durch IDP
Moderne IDP-Systeme analysieren fortlaufend das Nutzerverhalten und Korrekturen. Sie lernen, wie Dokumente besser erkannt, kategorisiert oder weiterverarbeitet werden. So wird das elektronische Dokumentenmanagementsystem mit jeder Interaktion intelligenter und effizienter – ohne erneute Programmierung.
6. Automatische Zusammenfassungen
Gerade bei umfangreichen Verträgen oder Gutachten ist eine prägnante Zusammenfassung Gold wert. Die KI generiert automatisch eine kompakte Inhaltsangabe und fügt diese direkt in das Beschreibungsfeld des Dokuments ein. Alternativ kann die Zusammenfassung auch auf Anfrage per Chatbefehl erstellt werden. Das spart Zeit und gibt Mitarbeitenden sofort einen Überblick, ohne das gesamte Dokument lesen zu müssen.
7. Moderne semantische Suche
Vergessen Sie die klassische Stichwortsuche: Moderne KI-gestützte Systeme wie inPoint.Go ermöglichen eine kontextbasierte, dialogfähige Suche. Statt Schlagworten können Sie vollständige Fragen stellen, z. B.:
„Welche Mietverträge haben eine Kündigungsfrist von 2 Monaten?“
Die KI analysiert die Frage semantisch und liefert präzise Ergebnisse – auch wenn die Suchbegriffe im Dokument anders formuliert sind. Das macht die Recherche intuitiver und deutlich effizienter.
8. Systemsteuerung per Textbefehl
KI bringt neue Interaktionsmöglichkeiten: Dokumentenprozesse lassen sich bequem per Texteingabe oder Chat steuern. Beispiele:
- „Neues Unternehmen anlegen“
- „Kündigungsfrist im Vertrag Müller ändern“
„Aufgabe an HR weitergeben“
Die KI verarbeitet Ihre Anweisungen, stellt bei Bedarf Rückfragen zur Präzisierung und setzt die Aktionen direkt im System um.
9. Automatische Metadaten-Erkennung & -Speicherung
Die KI erkennt automatisch relevante Metainformationen wie Vertragsbeginn, Laufzeiten, Ansprechpartner, IBAN oder Zahlungsziele – und überträgt diese Daten zuverlässig in die strukturierten Metadatenfelder des DMS. Besonders in Bereichen wie Rechnungsprüfung oder Vertragsmanagement führt das zu enormen Effizienzgewinnen und reduziert manuelle Fehlerquellen.
10. Integrierter Chat – Kommunikation direkt am Dokument
Mit einem integrierten Chat-Modul wird die teamübergreifende Kommunikation rund um Dokumente nahtlos. Mitarbeitende können direkt auf Dokumentenebene Rückfragen stellen, Kommentare abgeben oder Zusatzinfos hinterlegen – ohne E-Mails oder externe Tools. Das beschleunigt die Zusammenarbeit und erhöht die Nachvollziehbarkeit.
Vorteile von KI im digitalen Dokumentenmanagement
Die Integration von KI in ein elektronisches Dokumentenmanagementsystem bringt zahlreiche handfeste Vorteile:
Deutliche Zeitersparnis
- Klassische manuelle Abläufe wie Einscannen, Benennen und Ablegen entfallen.
- Workflows werden beschleunigt, Dokumente sind sofort verfügbar.
Höhere Datenqualität
- KI reduziert Flüchtigkeitsfehler und Falscheingaben.
- Einheitliche Metadaten verbessern die Vergleichbarkeit und Konsistenz.
Bessere Such- und Analysefunktionen
- KI erkennt Inhalte kontextbezogen: Eine semantische Suche findet Dokumente auch bei unpräzisen Suchbegriffen.
- Dokumente lassen sich nach Inhalten statt nur nach Dateinamen oder Schlagwörtern finden.
Skalierbarkeit und Effizienz
- Die Systeme sind skalierbar – ideal bei wachsendem Dokumentenvolumen.
- Selbst kleinere Teams können große Mengen an Dokumenten effizient verwalten.
Verbesserte Compliance und Sicherheit
- Fristen, Aufbewahrungsrichtlinien und Zugriffsbeschränkungen können automatisiert überwacht werden.
- Audit-Trails und revisionssichere Archivierung erhöhen die Rechtssicherheit.
Strategische Entscheidungsgrundlage
- Durch strukturierte Datengewinnung aus unstrukturierten Dokumenten (z. B. PDF, E-Mails) entsteht ein wertvoller Datenpool für Business Intelligence und Forecasts.
Herausforderungen und Risiken von KI im digitalen Dokumentenmanagement
Trotz aller Vorteile gibt es auch kritische Punkte, die Unternehmen bei der Einführung von KI im elektronischen Dokumentenmanagement berücksichtigen sollten:
Datenschutz und rechtliche Vorgaben
- Besonders bei sensiblen oder personenbezogenen Daten ist die Einhaltung der DSGVO essenziell.
- Transparente Datenverarbeitung und Zugriffskontrollen müssen garantiert sein.
Erklärbarkeit von KI-Entscheidungen
- Die Entscheidungen einer KI (z. B. warum ein Dokument einer bestimmten Kategorie zugeordnet wurde) müssen nachvollziehbar sein – vor allem in regulierten Branchen.
Akzeptanz und Schulung
- Mitarbeitende müssen den Umgang mit KI-Systemen erlernen. Nur wenn Vertrauen besteht, werden die Systeme produktiv genutzt.
- Der Übergang vom papierbasierten oder klassischen digitalen Arbeiten zur KI-gestützten Umgebung kann eine Kulturveränderung bedeuten.
Investition und Integration
- Die Einführung eines IDP-fähigen elektronischen Dokumentenmanagementsystems erfordert Investitionen in Technologie und Know-how.
- Bestehende Systeme müssen ggf. angepasst oder integriert werden, was technisches Know-how erfordert.
Zukunftsausblick: Wohin geht die Reise mit KI im DMS?
Die Integration von KI und IDP in das Dokumentenmanagement ist erst der Anfang. Künftig werden Systeme:
- Proaktiv Vorschläge zur Ablage, Weiterverarbeitung oder Fristenüberwachung machen.
- Stimm- und Spracheingabe ermöglichen.
- Über Predictive Analytics auf Basis von Dokumenteninhalten z. B. Kündigungen, Fristabläufe oder Umsatzrisiken vorhersagen.
Erklärbare KI („Explainable AI“) wird an Bedeutung gewinnen, um regulatorischen Anforderungen zu entsprechen. Auch Green IT gewinnt Relevanz – digitale Prozesse sparen nicht nur Papier, sondern senken auch den CO₂-Ausstoß, was dem Thema Nachhaltigkeit im Dokumentenmanagement zusätzliche Relevanz verleiht.
Fazit
Künstliche Intelligenz und Intelligent Document Processing verändern das digitale und elektronische Dokumentenmanagement grundlegend. Sie sorgen nicht nur für Effizienz, sondern heben die Qualität und Sicherheit im Umgang mit Informationen auf ein neues Level. Unternehmen, die diese Technologien heute einführen, legen den Grundstein für ein zukunftsfähiges, skalierbares und rechtssicheres Informationsmanagement.
Die Digitalisierung im Dokumentenmanagement bedeutet also nicht nur das Scannen von Papier, sondern vor allem: intelligentere Prozesse, fundierte Entscheidungen und mehr Zeit für das Wesentliche.
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DI (FH) MARTIN LEITNER, MSc.
Seit 1996 arbeite ich für die H&S Heilig und Schubert Software AG in Wien und habe 2015 als Vorstand die Verantwortung für das gesamte Unternehmen übernommen. Mit mehr als 25 Jahren Erfahrung in der IT-Branche und Projektleitung habe ich ein umfangreiches Fachwissen aufgebaut.
Als Techniker konzentriere ich mich darauf, die Entwicklungen bei H&S maßgeblich zu beeinflussen. Dabei arbeite ich eng mit unseren Kunden zusammen und bringe mein technisches Fachwissen sowohl in den Vertrieb als auch in das Produktmanagement ein.
In meiner Tätigkeit als Geschäftsleiter der H&S begeistert mich der branchenübergreifende Austausch mit unseren Kunden und die Einblicke in die Prozessabläufe in den verschiedensten Unternehmen.
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