Elektronische Rechnung: die neuesten Entwicklungen in der EU

Die digitale Transformation prägt die Geschäftslandschaft in Europa nachhaltig. Ein Schlüsselelement dieser Veränderung ist die Einführung elektronischer Rechnungen (e-Rechnungen), die die Effizienz steigern, Kosten senken und die Umwelt schonen.

Sowohl in Deutschland als auch in Österreich sowie im gesamten europäischen Kontext gibt es signifikante Neuerungen im Bereich der elektronischen Rechnungen, die eine Anpassung der bisherigen Praktiken und Prozesse erfordern.

Dieser Artikel beleuchtet die neuesten Entwicklungen in diesem Bereich: von der „VAT in the Digitale Age“ Initiative über die ab 2025 in Deutschland geltende e-Rechnungspflicht bis hin zu weiteren EU-weiten Initiativen.

Inhaltsangabe

Grundlagen der e-Rechnung

Eine elektronische Rechnung ist eine Rechnung, die in einem elektronischen Format ausgestellt, übermittelt, empfangen und verarbeitet wird. Im Gegensatz zu einer Papierrechnung ermöglicht die e-Rechnung eine schnellere Verarbeitung, reduziert Fehler und spart Kosten. Die Akzeptanz von e-Rechnungen wächst weltweit, und viele Länder haben bereits rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen, um ihre Verwendung zu fördern.

Parallel zu gesetzlichen Anpassungen in einzelnen Ländern gibt es auf EU-Ebene Bestrebungen, die elektronische Rechnungsstellung weiter zu standardisieren und zu fördern. Eine wichtige Rolle spielt dabei die einheitliche Definition und technische Spezifikation von E-Rechnungen, um ihre grenzüberschreitende Kompatibilität und Akzeptanz zu sichern.

Was ist eine e-Rechnung?

Die Definition einer elektronischen Rechnung, wie sie im Wachstumschancengesetz vom 22. März 2024 festgelegt wurde, spiegelt die Bestrebungen wider, die Digitalisierung im geschäftlichen Verkehr innerhalb der Europäischen Union weiter zu vereinheitlichen und zu fördern.

Definition e-Rechnung

Eine elektronische Rechnung wird dabei als eine Rechnung definiert, die in einem spezifischen, strukturierten elektronischen Format erstellt, übermittelt, empfangen und verarbeitet werden kann. Die elektronische Rechnung muss der europäischen Norm für die elektronische Rechnungsstellung und der Liste der entsprechenden Syntaxen gemäß der Richtlinie 2014/55/EU vom 16. April 2014 entsprechen.

Dies bedeutet, dass alle Schritte von der Ausstellung über die Übermittlung bis hin zum Empfang und der weiteren Verarbeitung vollständig digital und ohne manuelle Eingriffe erfolgen können.

Die Anforderung, dass elektronische Rechnungen der europäischen Norm EN 16931 für die elektronische Rechnungsstellung sowie der Liste der entsprechenden Syntaxen entsprechen müssen, gewährleistet die Kompatibilität und Interoperabilität über nationale Grenzen hinweg. Die Richtlinie 2014/55/EU vom 16. April 2014 legt dabei die rechtlichen Rahmenbedingungen fest und unterstützt so die Mitgliedstaaten und deren öffentlichen Verwaltungen, aber auch Unternehmen bei der Umsetzung und Anwendung einheitlicher Standards.

Welche Voraussetzungen müssen für elektronische Rechnungen erfüllt werden?

Für elektronische Rechnungen müssen verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein, um sicherzustellen, dass sie rechtlichen Anforderungen entsprechen und effizient zwischen den Geschäftspartnern ausgetauscht werden können. Diese Kriterien leiten sich vor allem aus der EU-Richtlinie 2014/55/EU sowie nationalen Gesetzen und Standards ab.

Hier sind die wesentlichen Kriterien:

1. Strukturiertes elektronisches Format:

Die Rechnung muss in einem Format erstellt werden, das maschinell lesbar und automatisch verarbeitbar ist. Beispiele hierfür sind XML oder UBL (Universal Business Language). Einfache PDF-Dokumente ohne eingebettete strukturierte Daten gelten nicht als elektronische Rechnungen im Sinne der Richtlinie.

2. Einheitliche Standards:

Elektronische Rechnungen müssen bestimmten Standards entsprechen, um ihre Kompatibilität und Interoperabilität zu gewährleisten. Die europäische Norm EN 16931 definiert ein Kernmodell für das semantische Datenmodell von e-Rechnungen.

3. Liste der entsprechenden Syntaxen:

Neben dem Standardformat müssen e-Rechnungen auch in einer der von der EU-Kommission festgelegten Syntaxen erstellt werden, wie z.B. UBL 2.1 oder UN/CEFACT CII.

4. Authentizität der Herkunft und Integrität des Inhalts:

Die Authentizität (Echtheit des Absenders) und die Integrität (Unveränderbarkeit des Inhalts) der e-Rechnung müssen durch geeignete technische Maßnahmen sichergestellt werden. Dies kann durch digitale Signaturen, elektronische Datenaustauschverfahren (EDI) oder andere vertrauenswürdige Verfahren erfolgen.

5. Lesbarkeit:

Die elektronische Rechnung muss für den menschlichen Leser verständlich sein. Dies bedeutet, dass sie so dargestellt werden muss, dass alle relevanten Informationen klar und deutlich erkennbar sind.

6. Steuerliche Konformität:

e-Rechnungen müssen alle für steuerliche Zwecke erforderlichen Informationen enthalten, ähnlich wie traditionelle Papierrechnungen. Dazu gehören Pflichtangaben wie Rechnungsdatum, Rechnungsnummer, Identifikation des Lieferanten und Empfängers, Beschreibung der gelieferten Güter oder Dienstleistungen, Betrag und Steuersatz.

7. Archivierung:

Unternehmen sind verpflichtet, elektronische Rechnungen gemäß den nationalen steuerrechtlichen Anforderungen zu archivieren. Die Archivierung muss so erfolgen, dass die Authentizität der Herkunft, die Integrität des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung über den gesamten Aufbewahrungszeitraum sichergestellt sind.

EU-weite Entwicklungen im Bereich der elektronischen Rechnungen

In den letzten Jahren hat die Europäische Union signifikante Schritte unternommen, um die elektronische Rechnungsstellung EU-weit zu harmonisieren und zu fördern.

Ein zentraler Bestandteil dieser Bemühungen ist die Richtlinie 2014/55/EU, die die Grundlage für die Standardisierung und Akzeptanz von e-Rechnungen, insbesondere im öffentlichen Auftragswesen, legt. Diese Richtlinie ist ein entscheidender Schritt zur Vereinfachung des grenzüberschreitenden Handels und zur Unterstützung der digitalen Wirtschaft in der EU, indem sie klare rechtliche Anforderungen an E-Rechnungen festlegt und deren Einsatz in der öffentlichen Verwaltung vorschreibt.

Standardisierung von e-Rechnungsformaten

Die Bedeutung dieser Richtlinie lässt sich nicht nur an den rechtlichen Anforderungen messen, sondern auch an der dadurch angestoßenen Standardisierung von e-Rechnungsformaten.

Die EU arbeitet aktiv an der Schaffung und Förderung von einheitlichen Formaten, die die Kompatibilität zwischen verschiedenen Rechnungssystemen sicherstellen sollen. Dies erleichtert den Austausch von e-Rechnungen zwischen Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen in der gesamten Union, unabhängig von den jeweils verwendeten Systemen oder Formaten.

Mit der Norm EN 16931 hat die EU einen Rahmen geschaffen, der es ermöglicht, e-Rechnungen auf eine Weise zu erstellen, zu übermitteln und zu verarbeiten, die EU-weit kompatibel ist.

Die Standardisierung und Harmonisierung der elektronischen Rechnungsstellung in der EU ist nicht nur ein technischer Fortschritt, sondern auch ein wichtiger Schritt zur Reduzierung von Verwaltungsaufwand und zur Förderung effizienter Geschäftsprozesse.

Sie ermöglicht eine schnellere Bearbeitung von Rechnungen, reduziert Fehlerquoten und trägt zu einer signifikanten Kostensenkung bei. Darüber hinaus unterstützt die verstärkte Nutzung von e-Rechnungen die ökologischen Ziele der EU, indem sie den Papierverbrauch verringert und Prozesse nachhaltiger gestaltet.

E-Invoicing-Regelung ab 2024 vereinfacht

Ab dem 1. Januar 2024 markiert eine signifikante Änderung in der Handhabung elektronischer Rechnungen (E-Invoices) in der Europäischen Union: EU-Mitgliedstaaten erhalten die Möglichkeit, die Verpflichtung zur Ausstellung von E-Invoices ohne vorherige Genehmigung durch die EU-Kommission einzuführen.

Diese Entwicklung ist ein bedeutender Schritt hin zur weiteren Digitalisierung des Binnenmarktes, da sie den Weg für eine breitere und konsistentere Anwendung von E-Invoicing über die gesamte EU ebnet.

Die Option zur Einführung einer E-Invoicing-Pflicht unterliegt zwei wesentlichen Bedingungen:

1. Erstens müssen die E-Invoices dem EU-Standard entsprechen, was die Interoperabilität und Kompatibilität über Grenzen hinweg gewährleistet.

2. Zweitens ist kein Clearing-Verfahren vor der Fakturierung erforderlich, was den Prozess vereinfacht und beschleunigt.

Diese Regelung bietet den Mitgliedstaaten mehr Flexibilität und Autonomie bei der Förderung digitaler Rechnungsstellungspraktiken und unterstützt das Ziel, administrative Lasten für Unternehmen zu verringern, die Transparenz zu erhöhen und Betrugsfälle zu minimieren.

Vor dieser Änderung benötigten die Mitgliedstaaten eine spezielle Erlaubnis der EU-Kommission, um lokale Verpflichtungen für das E-Invoicing einzuführen.

ViDA und e-Rechnungen

Die “VAT in the Digital Age” (ViDA) Initiative der Europäischen Kommission stellt ein umfassendes Bestreben dar, das Mehrwertsteuersystem der EU durch den Einsatz digitaler Technologien zu modernisieren.

Seit 2014 ist die Ausstellung elektronischer Rechnungen speziell bei öffentlichen Aufträgen schon Pflicht. Ein Schritt, der durch ViDA weiter ausgebaut wird. Dies legte den Grundstein für die Nutzung elektronischer Rechnungen im öffentlichen Sektor und förderte die Digitalisierung im Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe.

Die “VAT in the Digital Age” (ViDA) Initiative der Europäischen Kommission baut auf solchen Digitalisierungsbestrebungen auf und erweitert sie, indem sie einen Rahmen für die Modernisierung der MwSt.-Vorschriften in der gesamten EU vorschlägt, um den digitalen Wandel und die Herausforderungen der digitalen Wirtschaft besser zu adressieren.

Die ViDA Initiative ist ein Teil der übergeordneten Strategie der EU, die Digitalisierung im Binnenmarkt voranzutreiben und ein effizienteres, gerechteres und betrugsresistenteres MwSt.-System zu schaffen und den administrativen Aufwand für Unternehmen zu verringern.

Die Initiative umfasst wichtige Bereiche wie digitale Berichtspflichten und die Einführung elektronischer Rechnungen als Standard für B2B-Transaktionen ab 2024, mit vollständiger Umsetzung bis 2028. Ab 2025 werden neue VAT-Verpflichtungen für die Plattformwirtschaft eingeführt, und eine einheitliche VAT-Registrierung soll die Compliance vereinfachen.

ViDA adressiert die Notwendigkeit einer Anpassung an digitale und Echtzeit-Berichterstattung, um Compliance-Kosten zu senken und die Plattformwirtschaft gezielt anzusprechen.

Die Initiative befindet sich in der Vorschlagsphase und bedarf der Annahme durch den EU-Rat, wobei ihre Entwicklung und Implementierung noch Änderungen unterliegen können.

Neue e-Rechnungspflicht ab 2025 in Deutschland

In Deutschland wird die Verpflichtung zur Nutzung elektronischer Rechnungen bald für alle Unternehmen, unabhängig von ihrer Größe oder Branche, Realität. Die genauen Details, wann und wie die Pflicht zur e-Rechnung eingeführt wird, waren bis kurz vor der Entscheidung noch nicht vollständig geklärt.

Am 22. März 2024 hat der Bundesrat jedoch das Wachstumschancengesetz verabschiedet, wodurch nun feststeht, dass die Pflicht zur Ausstellung von e-Rechnungen ab dem 1. Januar 2025 in Deutschland schrittweise eingeführt wird.

Ab dem Jahr 2025 wird die Ausstellung und Annahme von e-Rechnungen für alle Unternehmen, die mit der öffentlichen Hand Geschäfte machen, verpflichtend. Diese Regelung zielt darauf ab, die Effizienz und Transparenz im öffentlichen Sektor zu erhöhen und gleichzeitig Unternehmen zu unterstützen, ihre Prozesse zu digitalisieren. Die Pflicht betrifft sowohl die direkte Übermittlung von Rechnungen an staatliche Institutionen als auch die Abwicklung von Rechnungen im Rahmen von öffentlichen Aufträgen, wird aber voraussichtlich auch Impulse für eine breitere Adoption von e-Rechnungen im B2B-Bereich setzen.

Obwohl die spezifischen technischen Anforderungen und Formate (z.B. XRechnung) detailliert festgelegt wurden, stehen Unternehmen vor der Herausforderung, ihre Systeme entsprechend anzupassen und zu integrieren.

Fazit für Unternehmen

Insgesamt sind die EU-weiten Entwicklungen im Bereich der e-Rechnungen ein Beispiel dafür, wie digitale Lösungen genutzt werden können, um Handelshemmnisse zu beseitigen, die Effizienz öffentlicher Dienste zu steigern und eine inklusive digitale Wirtschaft zu fördern.

Zusammengefasst sind diese Neuerungen Teil einer größeren Bewegung hin zu einer digitalisierten Wirtschaft und Verwaltung in Europa. Sie reflektieren das Bestreben, durch die Förderung digitaler Technologien Effizienz, Transparenz und Nachhaltigkeit zu erhöhen. Unternehmen und öffentliche Einrichtungen müssen sich auf diese Änderungen einstellen und entsprechende Anpassungen in ihren Prozessen und Systemen vornehmen.

Während die Umsetzung in den Mitgliedstaaten fortschreitet, wird die e-Rechnung zunehmend zur Norm im europäischen Geschäftsverkehr werden.

Für ein unverbindliches Beratungsgespräch und weitere Informationen zum Thema elektronische Rechnungen und wie sich diese Initiativen auf Ihr Unternehmen auswirken könnten, zögern Sie nicht, unser Expertenteam zu kontaktieren. Unsere Fachleute können Ihnen maßgeschneiderte Lösungen und strategische Einblicke bieten, um die Übergangsphase effizient zu gestalten.

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DI (FH) Martin Leitner, MSc.

Seit 1996 arbeite ich für die H&S Heilig und Schubert Software AG in Wien und habe 2015 als Vorstand die Verantwortung für das gesamte Unternehmen übernommen. Mit mehr als 25 Jahren Erfahrung in der IT-Branche und Projektleitung habe ich ein umfangreiches Fachwissen aufgebaut.

Als Techniker konzentriere ich mich darauf, die Entwicklungen bei H&S maßgeblich zu beeinflussen. Dabei arbeite ich eng mit unseren Kunden zusammen und bringe mein technisches Fachwissen sowohl in den Vertrieb als auch in das Produktmanagement ein.

In meiner Tätigkeit als Geschäftsleiter der H&S begeistert mich der branchenübergreifende Austausch mit unseren Kunden und die Einblicke in die Prozessabläufe in den verschiedensten Unternehmen.

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